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Vom geliebten Professorenwohnsitz zur Bürofläche – das Schnäggli

Das «Schnäggli» oder «Schneggli» ist ein Nebengebäude des Bodmerhauses – seinen Namen verdankt es einer ehemaligen steinernen Wendeltreppe im lnnern des Hauses. Die kleine Dependance «zum oberen Schönenberg», die irgendwann vor 1769 erbaut wurde, liegt an der Schönberggasse 15a, etwas versteckt zwischen dem Hauptgebäude und der Mensa.

Von der Geschichte des Schnäggli ist bekannt, dass die Liegenschaft von 1756 bis 1783 im Besitz von Johann Jakob Bodmer (1698–1783), Professor für helvetische Geschichte und Politik am Collegium Carolinum, war. 1783 erwarb die Familie Meyer von Knonau den oberen Schönenberg und wohnte bis 1785 darin. 1811 kam das Gut in den Besitz von Zuckerbäcker und Ratsherr David Vogel. 1911 kaufte der Kanton Zürich schliesslich die Liegenschaft Bodmerhaus / Schnäggli. 1963 beschloss der Kantonsrat, dass das «Bodmergut» fortan der Hochschule dienen sollte.

(UAZ) AC.2.2.04: Schnäggli 1966 mit Prof. Hans Felix Pfenninger. Bild: Heidi Viredaz-Bader

Hans Felix Pfenninger (1886–1969), Professor für Strafrecht an der Universität Zürich und von 1940–1942 Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, hat von 1941 bis zu seinem Tod im Jahr 1969 im Schnäggli gewohnt. Dass man beim Neubau der Mensa so sorgsam auf das schmucke, zwischen alt und neu idyllisch vermittelnde kleine Bauwerk achtgab, ist nicht zuletzt sein Verdienst. Er hat das Schnäggli mit spitzer Feder und unermüdlichem, kämpferischem Einsatz verteidigt, seine stadtwärts gelegene Laube aber dennoch nicht retten können. Für Hans Felix Pfenninger war das Häuschen viel mehr als nur Wohnort: es war ein Ort, an dem er sich wohlfühlte, der ihm lieb war und für den er sich in schwierigen Zeiten einsetzte.

Karl Siegfried Bader (1905–1998), der 1953 den Lehrstuhl für schweizerische und deutsche Rechtsgeschichte an der Universität Zürich übernahm, war mit Hans Felix Pfenninger befreundet. Pfenninger war der einzige Ordinarius der Zürcher Fakultät, den Bader bereits kannte, als er nach Zürich berufen wurde. Deshalb galt auch einer seiner ersten Besuche im Oktober 1953 dem Junggesellen im Schnäggli. Pfenninger setzte Bader dann auch als Willensvollstrecker ein, der nach Pfenningers Tod die Räumung des Schnäggli überwachte. Die Bibliothek Pfenningers ging an die Juristische Fakultät; ein grosser Teil der Bücher war im Obergeschoss des Schnäggli zu Haufen geschichtet gewesen. Darüber hinaus war aber noch jenes Schriftgut zu sichten und sichern, das nebenamtlicher Betreuung bedurfte: Pfenninger hatte den Wunsch geäussert, dass in seinem geliebten Schnäggli eine Art kleiner Gedenkstätte für ihn erhalten bleiben soll.

Und so kam es, dass der damalige Universitätssekretär, Dr. Franz Züsli dafür sorgte, dass mit Zustimmung des Rektors im «Oberstübli» des Schnäggli Professor Bader eine Art Wohn- und Benutzungsrecht zugestanden wurde. Die Universitätsleitung stattete das Schnäggli in einfachster Form mit Mobiliar aus – nun diente es Professor Bader und anderen Fakultätsmitgliedern als Rückzugsstätte zwischen Vorlesungen oder Sprechstunden. Davon wurde reichlich Gebrauch gemacht. Im unteren Stock zog nach der Räumung im Jahr 1969 der Uni-Pressedienst vom benachbarten Bodmerhaus ein. Gleichzeitig wurde aus den beiden kleinen Räumen oben im Haus, über eine etwas baufällige Treppe erreichbar, nach und nach eine Sammelstelle zur Aufbewahrung von Schriftgut. Diese Schriften hatten in der Amtsregistratur keinen Platz gefunden und handelten hauptsächlich von der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.

1972 wurde die «Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte» (DUG) gegründet, um – in Baders Worten – «das Universitätsarchiv auf die wissenschaftliche Seite hin zu erweitern». Als Universitätsarchiv galten damals die Altbestände des Rektoratsarchivs. Die hinterlassenen Unterlagen wurden vorerst weiter ehrenamtlich vom 1975 emeritierten Rechtshistoriker betreut. 1980 übernahm seine ehemalige Assistentin und Doktorandin Verena Stadler-Labhart die Leitung der «Dokustelle». In den folgenden 16 Jahren beantwortete Stadler-Labhart Anfragen aus aller Welt, kümmerte sich um die Katalogisierung einer kleinen Bibliothek und pflegte die eigentliche Dokumentation – eine thematisch gegliederte Ablage unselbständiger Literatur zu verschiedenen Aspekten der Universitätsgeschichte. Eine zentrale Aufgabe war daneben das Sammeln von unikalem Überlieferungsgut in Form von Nachlässen von mit der UZH verbundenen Personen. Die DUG verstand sich dabei als «subsidiäre Auffangstelle» von solch zerstreutem und nicht selten von Vernichtung bedrohtem Material. Die Pensionierung von Stadler-Labhart, verbunden mit dem Verlust der Räumlichkeiten im «Schnäggli», brachten 1997 das jähe Ende der Einrichtung. Die Unterlagen der DUG wurden ins UZH Archiv übernommen.

Heute hat die UZH Alumni ihre Büros im Schnäggli. Die Geschäftsstelle des Ende 2006 gegründeten Dachverbands Alumni UZH zog aber erst ein, nachdem die Kommunikationsabteilung im Sommer 2011 ihre Büros an einem neuen zentralen Standort am Seilergraben beziehen konnte. Die Kommunikation verzeichnet also den Schnäggli-Rekord: 42 Jahre verbrachte sie dort und insgesamt 49 Jahre auf dem Bodmergut.

  • Schnäggli 2018

    Schnäggli 2018. Bild: Philipp Messner

  • Skizze Schnäggli

    Skizze des Schnäggli, o.J.. Bild: unbekannt

  • Schnäggli im Schnee 1

    (UAZ) AC.2.2.04: Schnäggli im Schnee 1953. Bild: unbekannt

  • Schnäggli im Schnee 2

    (UAZ) E.5.2.32: Schnäggli im Schnee, ca. 1981. Bild: unipressedienst

  • Schnäggli 1983

    (UAZ) E.5.2.22: Schnäggli 1983. Bild: Karl Hofer

Quellen

(UAZ) PUB.001.099 uni intern 12/1989

(UAZ) E.7.2.002 K.S. Bader: Die Dokumentationsstelle im ‚Schneggli‘ – Vom Wildwuchs zur Institution. Zürich, Mai 1996.

Stadler-Labhart, Verena: Die Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte : ein Rückblick. Zürich 2005.

Messner, Philipp: Das Erbe der Dokumentationsstelle für Universitätsgeschichte (Vitrinebeitrag UZH Archiv).